Leos Weihnachtsgeschichte

Eure Weihnachtsgrüße möchte ich ganz herzlich erwidern und Euch Gottes Segen für das Neue Jahr wünschen. Es erfüllte mich mit Freude, die zahllosen Telefonate entgegenzunehmen und heute nach dem Aufwachen – ich hatte geschlafen wie eine Engel – meinen Anrufbeantworter abzuhören, dessen 30-Minuten-Band vollständig (!) mit Euren guten Wünschen zum Fest der Geburt Christi besprochen war. Weil einige fragten, wo ich wäre und warum ich nicht abhöbe, hier illustrativ meine kleine „Weihnachtsgeschichte“.
Den Heiligen Abend verbrachte ich mit dem Tiroler Gregor, einem jungen Diplomaten an der Ständigen Vertretung Österreichs bei den Vereinten Nationen. Aufgrund der unserer Republik ins Haus stehenden EU-Ratspräsidentschaft teilt er mit mir freudig das Schicksal Xmas abroad. In der 59. Straße im 42. Stock residierend, bot seine Wohnung das ideale Ambiente für ein besinnliches Fest – dem Himmel ganz nahe. Wir labten uns an alpenländischem Import-Mineralwasser aus Almdudler-Gläsern und schritten dann in die Küche, um einen Weihnachtsschmaus ebensolch heimatlicher Prägung zu zaubern.

Nach dem ruhigen, von philosophischem und politischem Dialog durchzogenen Mahle war der Griff in die Keksdose der nächste Schritt, hatte ich doch unter Aufbringung meiner letzten Kräfte in den kurzen 36 Stunden zwischen dem Ende der Prüfungsperiode und besagtem Abendessen Zeit für Vanillekipferl gefunden. Ihr wisst schon, jenes fragile Elaborat aus 210 g gesiebtem Mehl, 50 g Staubzucker, einer Packung Vanillezucker, 80 g fein gehackten Nüssen, bevorzugt Mandeln, das alles abgebröselt mit 150 g nicht zu kalter Butter, zu einem Teig geformt und angereichert mit maximal zwei Esslöffeln frischer Milch, im Anschluss zu Würstchen gerollt und erst am mit Backpapier ausgelegten Blech zu Kipferln geformt, bei anfangs 220° C und dann bis 180° abnehmender Temperatur gebacken, noch heiß vom Blech genommen und in einem Staub- und Vanillezuckergemisch geschwenkt. Vor dem Hintergrund mangelnder Küchenutensilien und eines insuffizienten Herdes in meinem Studentenheim stellte die erfolgreiche Bewältigung dieses Backvorgangs durchaus eine kolossale Großtat dar.

Unser Ziel: Der Höhepunkt des Abends – die mitternächtliche Christmette in der Kathedral- und Metropolitankirche zu St. Patrick, einem riesigen neugotischen Architekturjuwel inmitten der von Zweckbauten beherrschten Skyline Manhattans. Der New Yorker Erzbischof, Seine Eminenz Edward Kardinal Egan, zelebrierte die von mehreren ansprechenden Chören begleitete und landesweit übertragene Messe, die meines Erachtens fast schon zu viel Kitsch, Prominenz und Pathos in sich vereinigte. Die bewegende Predigt Seiner Eminenz aber stellte wieder das Wesentliche in den Mittelpunkt: Das kleine Jesulein – arm, frierend, die Eltern Maria und Joseph um seine Subsistenz bangend – als politische Botschaft in einer Zeit des Mammons, heute wie vor zwei Jahrtausenden.
Ich nutzte die Nacht, um über die Bedeutung der weihnachtlichen Frohbotschaft sinnierend auf Schusters Rappen die 48 Blocks nach Hause zu gehen.
1 Comments:
danke für deine weihnachtsgeschichte, werter landsmann. dein besuch der mette in st. patrick hat mich gerade an meine zeit in new york (88/89) erinnert. diese wunderbare kirche war oft ort der ruhe und besinnlichkeit in dieser grossartigen, begeisternden und manchmal auch beängstigenden metropole.
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