27 October 2005

Born to be wild!

Researchers are not said to live in extraordinarily exciting environments. This holds true, in particular, for lawyers who by definition very rarely work in the jungle like certain zoologists, nor on the top of volcanos like geologists, nor in the midst of billion-dollar equipment like aeronautical engineers. Quite the contrary, their genuine "habitat" are libraries or other rooms bearing books, ancient or more recent ones, but nevertheless: agglomerations of paper that give a boring impression to the general public. In order to recharge its batteries, the homo legalis needs either a vacation of extensive length, at least three weeks, or ...

... or he or she may resort to the most powerful tool at hand, whose use has come under close scrutiny in the last years: WMD. Again? W-M-D, full stop. Weapons of Manhattan Distraction. Having a delicious dinner at the Cornelia Street Cafe and Karaoke afterwards is one of the most effective combinations of two different WMDs.

Professor Joseph Weiler invited us - his Research Associates (from left) Shin Hyung, Fan, Jun, Gaew, and Leo - to join him for this splendid recreational trip. Not only that we spent a tremendously relaxing time together, no, Prof. Weiler enriched the evening by teaching us! Yes, you won't believe it, even in our spare time we study here at NYU;-)
Firstly, he introduced us to the wisdom of kosher food. The former cute Austrian schoolboy immediately remembers the times when he was made reading the 11th chapter of the third book of Moses, Leviticus, which contains all the relevant provisions that religious jews adhere to. For instance, thou shall eat only meat from ruminant animals with cloven hoofes, and only fishes with scales and fins which live in oceans or rivers. The following dinner conversation oscillated, inter alia, around the surprising fact that most American men, not only the jewish, are circumcized.

Secondly, Prof. Weiler taught us how to do a real appealing karaoke perfomance. Interestingly enough, he has a proficiency non négligeable which indicates that it's not the first time that he indulges in such a divertimento. Second in experience was Shin Hyung, who guided us to the Karaoke bar at 32nd and Broadway. As to karaoke, Gaew turned out to be Weiler's excellentissima discipula. Fan presented the latest No. 1 hits from Beijing. Leo, hopeful of the advent of Halloween, sang The Cranberries' "Zombie." Finally, Jun celebrated the revival of the roaring sixties intoning Steppenwolf's "Born to be wild."

Prof. Weiler, thank you for this truly great evening.

21 October 2005

Kaiserschmarrn: A journey to the imperial Austrian cuisine

For those of you who are keen on trying to cook Viennese "Kaiserschmarrn" [Emperor's Schmarrn], here is my favorite recipe. It's for 4 portions (if served as dessert) or 2 portions (if served as a main course). You need: 150 grams wheat flour - 30 grams fine sugar - 0.4 liters milk - 4 eggs - 50 grams raisins - 1 dash of salt - butter

Step-by-step: rinse the raisins with boiling water - separate the yolks from the albumen - whisk milk, sugar and yolks, then add the flour and prepare a smooth dough - beat the albumen, fold it cautiosly in the dough - heat a huge frying pan, melt the butter (beware of an overheated pan!), and put the dough into the butter; after about two minutes, add the raisins - when the bottom side of the Schmarrn has become firm, turn it over and continue baking - after some minutes, tear up the Schmarrn in several flakes; continue baking - eventually, when the schmarren is golden and done, discerp it again. That's it! - Pour poudered sugar on the Schmarrn

Kaiserschmarrn is served either with apple sauce or with "Zwetschgenröster". Here my fabulos recipe for Zwetschgenröster (again, for either 4 or 2 portions): Wash 500 grams of ripe plums, quarter them, discard the stone, put the plums together with 80 grams of fine sugar into a small pot and cook them. Then lower the temperature and boil the plums until they are soft (but don't make a mush, the plums' structures must still be there). Now cool the Zwetschgenröster and serve it lukewarm.

19 October 2005

Sich bestätigende Klischees


Man kann es nicht oft genug sagen: Ich bin hier in der größten Betonwüste der Welt gelandet, wo die Neonsonne nie untergeht. Knapp 30% der Bewohner sprechen überhaupt (!) kein Englisch, sagt der Zensus, 35% leben unter der Armutsgrenze und Obst und Gemüse kosten im Schnitt 90% mehr als in Mitteleuropa - sind aber kaum jemals organisch-biologisch produziert worden, wahrscheinlich haben sie echte Erde nur im Vorbeifahren gesehen. Warum also Manhattan?

Weil die Stadt unter Strom steht und ich mit ihr. Weil ich an einer Uni, von der man sagt, sie sei exzellent, gemeinsam mit Studenten, die das von sich ganz und gar nicht glauben, in Kursen sitze, die dieses Prädikat wirklich verdienen. Es ist schlichtweg genial an der NYU. Mehr als Hälfte meiner Professoren kommt aus dem Ausland, die Atmosphäre ist dementsprechend multikulturell geprägt. In Europa soll angeblich nür das Collège d'Europe dieses Flair versprühen. Die von mir gewählten Lehrveranstaltungen erfordern einen gehörigen Lernaufwand, viel mehr als in Graz und Paris zusammen. Denn die Stimmung im Hörsaal lebt von der guten Vorbereitung auf jeden einzelnen Unterrichtsblock (pro Fach meist zwei pro Woche) - hier wird problemorientiert aufgerissen, was man im Reader theoretisch und anhand von höchstrichterlichen Entscheidungen erarbeitet hat. Faszinierend ist, dass man erst gar nicht versucht, die "eine" juristische Wahrheit zu finden (ein typisch kontinentaleuropäischer und asiatischer Zugang), sondern stets von der Existenz mehrerer mehr oder weniger überzeugend argumentierbarer Wege ausgeht, zwischen denen sich das Gericht dann entscheiden kann.
Aber was heißt da Gericht, Gericht, das klingt so puristisch juristisch, meine Fächer hingegen sind eher in internationalen Sphären angesiedelt, wo Verfahren vor Gerichten selten und oft ineffektiv sind. Mein Programm heißt Trade Regulation: Focus International Trade, wobei Trade im umfassenden angelsächsischen Sinn (ergo: Wirtschaft treiben) verstanden werden muss. Ich mache sechs Punkte internationales und europäisches Handelsrecht (WTO, Binnenmarkt etc.), drei Punkte internationales Finanz- und Investitionsrecht, sechs Punkte amerikanisches und internationales Immaterialgüterrecht, drei Punkte internationale Prozessführung. Neben diesem Kernprogramm belege ich als Komplementärfächer Business Crime, Comparative Corporate Law und Corporate Finance. Übrigens: Wir sind nur knapp ein Dutzend Studenten in dem Programm (von insgesamt etwa 420). Die meisten anderen spezialisieren sich in Corporations oder International Tax. Mir ist das aber zu trocken. Außerdem möchte ich mir die Optionen Wissenschaft und Politikberatung offenhalten, und da kann ich als breit aufgestellter internationaler Wirtschaftsrechtler sicher mehr einbringen denn als reiner Gesellschaftsrechtler.

Meine Unterkunft ist wesentlich komfortabler als in Paris. Ich blicke von meinem Zimmer im 19. Stock des Studentenheims - es liegt genau acht Gehminuten von den Gebäuden der Rechtsfakultät entfernt - über den Hudson-River nach New Jersey. Und jetzt kommt das Beste: Ich verfüge über einen Gasherd, kann also nach Lust und Laune kochen, bzw. könnte, denn über allzu viel Zeit verfüge ich ob der intensiven Vorbereitung auf den Unterricht nicht. Das Leben des New Yorkers ist ein anonymes. Das färbt in gewisser Weise auch auf den Studenten ab, wohl aber nur auf den Amerikaner. Er ist Einzelkämpfer und - so hört man - beziehungsunfähig, auch was Freundschaften anlangt. Obzwar ich zu einigen US-Kollegen intensivere Bande geknüpft habe, bleiben Gespräche (zu) oft auf rein technischer Ebene stecken. Wenn man sie auf diese Defizite offen anspricht, wird das mitunter als Lifestylefrage abgetan. Entweder man wolle Geld verdienen, oder eben nicht. Da stelle man nicht solche Fragen. Auch in anderen Belangen scheinen sie nicht zum Darüber-hinaus-Denken motiviert zu sein. Auf die staunende Frage, warum bei einer zweistündigen Diskussion über den Hurrican Katrina und seine Gründe nie das Wort "Klimawandel" gefallen war, bekam ich die lapidare Anwort: "Americans don't believe in global warming." Basta, das war's, ein weiteres Eingehen auf solche hintergründigeren Fragestellungen erscheint nicht angezeigt.

Ich denke, das nach zehn Wochen Amerika nun generalisieren zu können: Die Klischees sind empirisch begründet, und ich befürchte, im Laufe meines Aufenthaltes weitere identifizieren zu müssen.

- Über die Oberflächlichkeit der Gespräche lasse ich mich an dieser Stelle nicht aus, nur so viel, "Good to meet you" und "Have a nice day" sind mir inzwischen verhasst. Mein neuester Favorit: "Have a truly grat weekend."
- Der Großteil der armen Unterschicht aber auch der Mittelschicht ist schwer übergewichtig, manche Studenten sind es ebenfalls. Damit verbunden ist eine wesentlicher Mentalitätsunterschied. Hier stößt sich einfach niemand daran, jeder ist glücklich wenn er dick ist und jeder lässt die Dicken glücklich sein. Dass das ungesund ist oder dass man es ändern könnte bzw. sollte, ist kein Thema. Es ist allerdings auch ein Ausdruck gelebter Toleranz
- Das Essen ist makaber. Alles trieft vor Fett - kein Wunder, dass es gut schmeckt. Ich koche selbst, von Hausmannskost bis zu k.u.k. böhmischer Mehlspeis. Mein Apartmentkollege runzelt immer die Stirn, wenn ich Brokkoli oder Karotten dünste. Er ist zwar Vegetarier, isst aber kaum Gemüse (sollte das nicht zum Denken anregen?), sondern vielmehr Pasta, Pasta, Pasta. Zubereitet - wie praktisch - in der Mikrowelle. Salat kostet hier übrigens drei Euro pro Pfund!
- Der Fernseher ist ein essentieller Lebensbestandteil. Bspw. ist mein Apartmentkollege mit einem Riesen-TV-Set eingezogen. Hätte ich nicht rebelliert, stünde jetzt wahrscheinlich ein zweiter Fernseher in der Küche. Das Ding läuft den ganzen Tag. Durchgehend.
- Fast ebenso wichtig ist dem Amerikaner ein anderes Spielzeug: das Automobil. Ein kurzer Blick auf die Homepage von General Motors genügt. Autos, mit denen hier betuchtere Frauen zum Einkaufen fahren, haben typischerweise Außendimensionen von über fünf Metern und verbrauchen von 14 Litern aufwärts pro 100 Kilometer, wobei die ständig auf Maximalleistung laufenden Klimaanlagen noch nicht einkalkuliert sind. Mit der Abwärme dieser Geräte – sie finden sich hier überall, sogar im Aufzug – könnte man wohl die gesamte Warmwasseraufbereitung der Stadt speisen.
- Politik interessiert hier kaum einen. Auf der Law School sind die Bestätigungsverfahren für die Richter des Höchstgerichtes zwar ein großes Thema, aber der Bürger auf der Straße ist erschreckend indifferent. Das hängt wohl nicht zuletzt mit dem schlechten Bildungssystem zusammen. Vor allem die High School dürfte schwach sein. Wir Europäer und Asiaten führen das auf folgenden Punkt zurück: Die Wahl der Kurse ist ab dem zwölften Lebensjahr dem Schüler selbst überlassen. Hinzu kommt, dass man nur fünf Gegenstände belegen muss. Kein geschlossener Fächerkanon, ergo kein umfassendes Allgemeinwissen. Die meisten gehen dann noch den Weg des geringsten Widerstands und nehmen ein oder zwei Sportkurse. Doch selbst jene, die in einem Gebiet, z.B. Mathematik, Exzellenz entwickeln und sich vertiefen, verlieren den Blick auf das Drumherum. Sie legen sich Scheuklappen an, die sie im College und selbst in der Graduate School noch tragen.

Gottlob bestätigen Ausnahmen die Regel.

16 October 2005

Kulturskeptizismus und sein Antidot

Schon seit Gymnasialzeiten mit einer gehörigen Portion kulturellen Selbstbewusstseins ausgestattet streift der Königsberger Zeitgenosse mit kritischen Sinnen durch seine sich in regelmäßigen Abständen fundamental ändernden Lebenswirklichkeiten. Blickt mal hier, hört mal dort, schnüffelt und schmeckt sich durch so manchen lukullischen Genuss, was seinem mitunter trockenen Juristendasein ("Die Interpretation findet ihre Grenze im Wortlaut der untersuchten Norm. Dahinter befindet man sich am Terrain der richterlichen Rechtsfortbildung, die ganz eigenen Begründungsnotwendigkeiten unterliegt." - Aber auch das kann Spaß machen!) ein zusätzliches Maß an Würze und Gehalt verleiht.
Doch skeptischer Analytiker bleibt ein Solcher und muss deshalb bedauerlicherweise oft zum Schluss kommen, dass allzu umjubelter Kulturgenuss nicht einmal das Papier jener Journaillen wert ist, die in den aufgeputschten, kommerzialisierten, heute würde man sagen "gehypten", Lobgesang auf das vermeintliche Opus Magnum dieses oder jenes Meisters einstimmen. Da wird das Konzert schnell zum Jahrhundertereignis, die Vernissage zum Event. Wenn es wenigstens ein Happening wäre, wie Heinrich Bölls Ende einer Dienstfahrt, die bei ihrem Erscheinen 1966 hochaktuelle antiautoritäre Komponenten mit profunden grundrechtlichen Fragestellungen zu verbinden wusste. Aber Event ... ein Armutszeugnis.
Aus diesem Grund will ich heute nicht über ein Event berichten, sondern über eine konzertant zur Aufführung gebrachte Oper in einem Akt. Nicht über einen leicht zu verdauenden Gassenhauer von, wen hätten wir da, naja, Mozart zum Beispiel, oder, noch besser, Verdi. Nein, es geht um Richard Strauss' Daphne. Gespielt nicht von einem medial "verstärkten" Starensemble sondern vom WDR Symphonieorchester Köln.
Am Pult stand souverän Semyon Bychkov, die unglaublich starke Sopranstimme Renée Flemings ließ des Zuhörers Herz übergehen, und auch der Apollo Johan Botha - der von seiner Statur her einem Falstaff glich - war wohl disponiert und tat sich in lichten Höhen leicht. Mir ward ganz ring ...
Neben mir saß Robert W. Kent, ein emeritierter Kommunikationswissenschafter von der Harvard University, mit dem ich schon Tschaikowskis Mazeppa (selbes Orchester, selber Dirigent) genossen hatte. Wir waren uns einig: Ein großer Tag für ein relativ unbekanntes Team. Schade, dass man davon in Europas Gazetten wahrscheinlich nicht lesen können wird. Zu sagen, der Abend wäre nur solide gespielt gewesen, wäre eine maßlose Untertreibung. Doch ängstlich winden wir uns um die Titulatur Jahrhundertperformance herum ... denn schließlich wollen wir solch erhebende Momente noch ein zweites Mal erleben dürfen.
Bei Decca ist übrigens gerade eine exzellente Einspielung der Fleming-Daphne erschienen. Sie kann uneingeschränkt empfohlen werden.

05 October 2005

Do you love the Viennese dialect?

Well that's quite a difficult question. Back home in Austria I would have replied in the negative, arguing that the vox populi vindobonensis has at least some awful strains as, for instance, the disgusting and frequently quoted phrase "A Eitrige mit an Bugl und a 16er Blech" which I don't even try to translate - neither into German nor into English - since it harms my sensitive, choral-trained auditory.
But, and that's a most welcome memento of the necessity to remain self-critical, today I fell in love with it. Of course, it was the old, aristocratic version of Viennese, the one with the excessive amount of French and Italian borrowings, it's nasals and embellished cascades of courtesies. But, to be true, I fell in love. It happened to me while listening to the Haushofmeister in Richard Strauss's "Ariadne auf Naxos" in the Metropolitan Opera who, as provided for by Strauss's librettist Hugo von Hofmannsthal, carried the Viennese slang to the extreme. An illustrative example: "[D]as ausbedungene Honorar wird nebst einer munifizenten Gratifikation durch meine Hand in die Ihrige gelangen." Let's close our eyes, imagine a lackey, neither tall nor authoritative, wearing a bespoken livery, which he thinks enables him to command the whole court. That's him, the Viennese Haushofmeister. Can you, too, feel him?
Again, he gestures frantlically, and speaks out arrogantly: "Jedennoch bleibt es meinem gnädigen Herrn summo et unico loco überlassen, welche Arten von Spektakel er seinen hochansehnlichen Gästen nach Vorsetzung einer feierlichen Kollation zu bieten gesonnen ist."
It's a pity that my friend Gaew who sat next to me wasn't able to enjoy this marvelous combination of linguistic baublery and genuinely Viennese hubris to the fullest extent since she is Thai. Nor was Jun nor the others who joined us. They listened attentively to Violeta Urmana who gave a brilliant Ariadne, and they really liked it but they did not understand why I came out of the Met with this smiling, enthusiastic face.
I was glad having learned that there are some aspects of Austrian culture you have to be confronted with on New York's stages in order to ... fall in love with.